Ich wohne sehr schön, habe Feuerleitern und eine kräftige Heizung. In den Regalen, auf den Hockern und unter den Bänkchen haben die Kataloge und Kunstbücher klare Priorität gegenüber der Belletristik. Um die Ecke sehe ich in die gepflegten, geradezu eleganten Empfangsräume und Biblio-theken der New York University.

Am Ostermontag haben Dieta und ich ein Treffen mit Walter und Justyn vom Ukrainischen Kulturinstitut im großartigen Schloss des Instituts an der Fifth Avenue. Walter und Justyn erklären, dass es ukrainische New Yorker der vierten Generation gibt. Dieta nickt anerkennend mit dem Kopf. Ich schließe daraus, dass es ein Verdienst und eine Ehre ist, auf möglichst viele Generationen im Land zurückblicken zu können. Die Ukrainer, die in den 20er Jahren nach New York kamen, hätten zunächst in der Lower East Side gewohnt. Die Mobileren unter ihnen sind weitergezogen, die weniger Mobilen geblieben. Seit das Viertel beliebt und begehrt geworden ist, bekommen sie ein Vermögen für ihre einst wertlosen Häuser. Wir lernen: Das Lob der Mobilität ist ein Irrtum.
Wir sitzen uns an einem dunklen Tisch gegenüber. Ein Vortrags- und Empfangsabend wird geplant und die Menge der möglichen Gäste geschätzt. „Wir bringen 70“, sagen sie und gucken Dieta fest an, „wie viele könnt ihr zwingen?“

Nach dem Vortrag gibt es guten Wein. Ich habe die Gäste gefragt, wie ich die Ukraine und wie die USA in Deutschland darstellen soll. „Wenn du Einwanderer zu den USA befragst,“ sagt Jerry, „bekommst du bestimmt positivere Antworten. Die Amerikaner denken kritischer über ihr Land.“